Neues System zur Arbeitszeiterfassung (neu seit 14. Mai 2019)

Das Arbeitszeitgesetz schreibt verbindliche Regeln zur täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit sowie zu den Ruhezeiten und Pausen für Arbeitnehmer vor. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind verpflichtet, sich an die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes zu halten.

Unternehmen haben bisher jedoch völlig unterschiedlich die Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer erfasst. Vorgeschrieben war lediglich, dass Überstunden genau zu erfassen sind. Der Europäische Gerichtshof hat mit einem Urteil vom 14.05.2019 die Pflichten zur Erfassung der Arbeitszeit verschärft. Wir von der Kanzlei RA Rainer Sebel aus Berlin-Friedrichshain geben im nachfolgenden Artikel einen Überblick darüber, was Arbeitgeber und Arbeitnehmer zukünftig bei der Erfassung der Arbeitszeit beachten müssen und nützliche Tipps zum Thema Arbeitsrecht.

Pflicht zur genauen Protokollierung der Arbeitszeit durch Arbeitgeber

Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 14.05.2019 sind Arbeitgeber in Deutschland zukünftig verpflichtet, die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit genau zu erfassen. Bislang war es für Arbeitgeber ausreichend, folgende Aspekte der Arbeitszeit zu dokumentieren:

  • die Arbeitszeit, die über die vertraglich geregelte tägliche Arbeitszeit hinausgeht
  • Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen
  • bei Kraftfahrern die vollständige Erfassung der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit

Es ist zukünftig jedoch nicht mehr ausreichend, diese Aspekte zu erfassen. Vorausgegangen war dem Urteil die Klage einer spanischen Gewerkschaft, die eine Bank dazu verpflichten wollte, die tägliche Arbeitszeit mit einem entsprechenden System vollständig zu erfassen.

Die Richter des Europäischen Gerichtshofs gaben mit dem Urteil der Gewerkschaft Recht. Die einzelnen Mitgliedsstaaten der EU sind durch die Richter nun aufgefordert, „ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann“.

Die Überführung in nationales Recht obliegt nun den einzelnen Mitgliedsstaaten. Für Unternehmen in Deutschland bedeutet das letztlich, dass die Arbeitszeit der Arbeitnehmer in Zukunft vollumfänglich dokumentiert werden muss.

Welche Auswirkungen hat das Urteil für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

Für Arbeitgeber bedeutet das Urteil in erster Linie, dass sie, sofern noch nicht vorhanden, Arbeitszeiterfassungssysteme installieren müssen, mit denen die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer lückenlos dokumentiert werden kann. Diese Tatsache ist insbesondere für die Unternehmen problematisch, die bislang nicht über ein solches System verfügen.

Gewerkschaften gehen davon aus, dass in vielen Betrieben Mehrarbeit geleistet wird, die bislang nicht dokumentiert wird. Zudem ist es in Deutschland verboten, Mitarbeiter zu überwachen. Im Rahmen der Umsetzung der Aufzeichnung der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit müssen Arbeitgeber diesen Aspekt berücksichtigen.

Für Unternehmen hat das Urteil jedoch auch datenschutzrechtliche Konsequenzen. So muss bei der Einführung eines solchen Zeiterfassungssystems genau geklärt werden, wer auf die Daten zugreifen kann und darf. Wird die Arbeitszeit durch einen externen Dienstleister erfasst, so müssen die Datenschutzgrundverordnung und weitere Vorschriften über den Datenschutz eingehalten werden.

Für Arbeitnehmer bedeutet das Urteil, dass es zukünftig keine Vertrauensarbeitszeit mehr geben wird. Somit werden sich manche Arbeitszeitmodelle ändern und komplett verschwinden. Betroffen sind jedoch längst nicht alle Arbeitnehmer in Deutschland, da in zahlreichen Betrieben die Arbeitszeit bereits vollständig erfasst wird.

Für die übrigen Arbeitnehmer bedeutet die Änderung des Rechts jedoch eine Umstellung. Profitieren werden Angestellte, sofern sie bisher unbezahlte Mehrarbeit geleistet haben. Die vollständigen Auswirkungen lassen sich jedoch erst absehen, sobald das Urteil in nationales Recht übernommen worden ist. Dazu wird eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes erforderlich sein, die in der Politik ohnehin schon diskutiert wird. Sie möchten mehr erfahren? Dann kontaktieren Sie unseren Anwalt für Arbeitsrecht in Berlin.